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In 30 Tagen um die Welt, 60. Tag: Der Wiener Prater


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Heute vor 252 Jahren, am 7. April 1766, gab Kaiser Joseph II. den Wiener Prater, die kaiser­li­chen Jagdreviere in den Auwäldern zwischen Donaukanal und Donau-Hauptarmen, per ma­jes­tät­licher Verfügung zur allgemeinen Benutzung durch seine Untertanen frei:
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....»Es wird anmit jedermanniglich kund gemacht, wasmaßen Se. kaiserl. Majest. aus aller­höchst zu dem hiesigen Publico allermildest hegenden Zuneigung Sich allergnädigst ent­schlossen und verordnet haben, daß künftighin und von nun an zu allen Zeiten des Jahrs und zu allen Stunden des Jahrs, ohne Unterschied jedermann in den Bratter frey spazieren zu gehen, zu reiten, und zu fahren (die allzu abgelegenen Orte, und dicke Wal­dungen, we­gen sonst etwa zu besorgenden Unfugs und Mißbrauchs alleinig aus­ge­nommen) er­lau­bet, auch Niemanden verwehrt seyn soll, sich daselbst mit Ballonschlagen, Kegl­scheibn, und an­dern erlaubten Unterhaltungen eigenen Gefallens zu divertieren: wobey man aber ver­siehet, daß niemand bey solcher zu mehrerer Ergötzlichkeit des Publici allergnädigst ver­stattenden Freyheit sich gelüsten lassen werde, einige Unfüglichkeit, oder sonstig un­er­laubte Ausschweifungen zu unternehmen, und anmit zu einem allerhöchsten Miß­fallen An­laß zu geben. Wien den 7. April 1766.«
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Weiters verstattete Se. kaiserl. Majest. allergnädigst die Eröffnung von Kaffeesiedereien, Gast­wirt­schaf­ten und allerlei Lustbarkeitsetablissements, was bald zur Entstehung eines Ver­gnü­gungsparks, des Wurstelpraters, führte. An Sonn- und Feiertagen durfte das Areal erst ab zehn Uhr betreten werden, um dem Frühgottesdienst keine Konkurrenz zu machen. Abends wurde durch drei Böllerschüsse Signal gegeben, dass das gemeine Volk den Prater zu verlassen habe.
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1895 wurde im Wiener Prater der vermutlich erste Themenpark der Welt eröffnet: »Venedig in Wien«. Auf einem künstlich angelegten mit Donauwasser gefluteten Kanal, gesäumt von nach­gebauten historischen Palazzi, ließen sich Bootsfahrten in original venezianischen Gon­deln unternehmen, welche von echten venezianischen Gondolieri gesteuert wurden.


»Venedig in Wien« bestand nur etwa sechs Jahre, anschließend wurden die Bauten demoliert und das Gelände wieder trockengelegt.
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Der Wurstel- (vulgo Wurschtl-)prater heißt übrigens nicht, wie von Unkundigen oft fälsch­lich genannt, »Würstel- (vulgo Würschtl-)brater« wegen des dortigen Brat­wurstangebots, son­dern nach den volkstümlichen Hanswurst*)-Bühnen oder Kasperl­the­a­ter, sowie der ur­sprüng­lichen Flurbezeichnung Pratum, lateinisch für »Wiese«.
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*) (Hanswurst, Kasperl = wienerisch »Wurschtl«)