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Die menschliche Seite

Ist Ihnen auch schon einmal aufgefallen, dass im Zusammenhang mit einem aktuellen Thema keine Banalität zu läppisch und keine Marginalie zu irrelevant wäre, um den Medien nicht dennoch eine Berichterstattung wert zu sein?
    (Heute)
»Hätte die Bluttat verhindert werden können?« – befragt Stern.de etwa eine Frisörin zum Thema, welche den Attentäter zwar nicht kennt, aber mal daneben stand als der sich die Haare schneiden ließ, und deshalb mitzuteilen weiß dass er »schöne Klamotten trug«.
Oder SPIEGEL ONLINE: »Wie wurde Anders Breivik zum Mörder? Eine Spurensuche.« wird dort geteasert, und man erfährt: »Wer verstehen will, was für ein Mensch der Attentäter ist, muss in den Westen Oslos fahren.« – Wer nicht in den Westen Oslos fahren will, um das verstehen zu wollen, bleibt freilich nicht weniger schlau als der SPIEGEL-Leser, weil der aus dem Artikel auch nix wesentlich Essentielleres erfährt, als dass der Betreffende dort zur Schule gegangen und nicht weiter aufgefallen ist. »Jeden Tag sei er 40 Minuten spazieren ge­gan­gen,« liest man stattdessen. Muss man in den Westen Oslos fahren, um das he­raus­zu­fin­den? Muss man das überhaupt wissen?

Und natürlich die obligaten Kindheitsenthüllungen: »Analyse: So wurde dieser Bub zum Oslo- Attentäter« – ÖSTERREICHs auflagenzweitstärkstes Verschenkblatt kennt die Ant­wort, näm­lich: »Breivik wuchs wie viele Kin­der auf.« Dazu die unvermeidliche Bildstrecke mit Kin­der- & Konfirmationsfotos.

Die menschliche Seite. Muss man ja auch beleuchten. Auch Unmenschen haben eine. Muss man wirklich? Trägt die Berichterstattung darüber irgendwas zur Erhellung des Geschehenen bei? Schau mer mal:
  • Dschingis Khan ritt schon in seiner Jugend gern.
  • Hitler war Vegetarier und liebte seinen Schäferhund.
  • Pol Pot, Idi Amin, Bin Laden sowie diverse weitere verhaltensauffällige Persönlich­kei­ten der Weltgeschichte gingen zu Fuß aufs Klo.
  • Und, so erfährt man, der Attentäter von Oslo ist blond, blauäugig, höflich, er feierte Kindergeburtstage und seine Eltern ließen sich scheiden als er noch ein Kind war.
Menschliche Seiten – die obige Aufzählung trifft auf Millionen anderer Leute genauso zu, auf meine eigene Tochter auch, zum Beispiel. Und hat das irgendeine Bedeutung? Irgendwelchen Informationswert, der dem Erkenntnisgewinn des Leserpublikums in irgendeiner Weise zu­träg­lich wäre? Oder hat der ganze belanglose Kindheitsschmarrn ebenso wie Haar- & Augen­far­be womöglich mit dem Thema überhaupt nix zu tun und steht nur deswegen in den Me­dien, damit halt irgendwas drinsteht?