Alien
Es ist eine neuere Version von  AlienInsideTwoday  verfügbar!  Aktualisieren  Jetzt nicht!
© 2018-2023 NeonWilderness

30 Tage um die Welt

In 30 Tagen um die Welt, 44. Tag

  ..  von Novo Mesto nach Rotterdam

Letzte Woche in Novo Mesto (Slowenien) einen Container nach Rotterdam geladen, Ladung bestimmt für Island.
Verlader spricht recht gut deutsch, fragt mich: “Fahren Sie direkt nach Island zum Abladen?“
Sag ich: “Eher unwahrscheinlich.“

(vielleicht hat er in der Schule Deutsch statt  Geografie gehabt ;)

In 30 Tagen um die Welt, 43. Tag


.. in der Steiermark: seltsame Laute

»Österreicher und Deutsche unterscheiden sich voneinander
durch ihre gemeinsame Muttersprache.« sagte Karl Farkas.

Aber die Steirer – woran unterscheiden wiederum die sich von den Restösterreichern? Eine Mutter-»Sprache« per definitionem kann das Steirische wohl kaum sein, denn wärs eine Sprache, tät man das sicher bemerken. Wenns aber keine Sprache ist, wodurch sich die in der Steier­mark artikulieren, was ist es dann? Gute Frage.
(»Liptauersemmel« etwa heißt auf stoasteirisch »Taoupf’mkaasbaounzal«.)
(und wenn ein Steirer »oaschboat«, dann tut er durchaus nix Unanständiges ;)

(Ein Arbeitskollege von mir, Stoasteirer seines Zeichens, berichtete uns eines Tages er habe sich ein neues Auto angeschafft, einen VW Rapid nämlich.
VW Rapid? – hatten wir noch nie gehört, was für ein Auto solle das sein?
Na, ein VW Rapid halt!, beharrte unser Stoasteirer, sehe man doch eh alle arschlang. Wir gingen auf den Parkplatz raus, um uns sein neues Auto anzuschauen,
und dort stand: ein VW Golf Rabbit.)

In 30 Tagen um die Welt, 42. Tag


.. letzte Woche im Burgenland : Käse Bohnen

Sachen gibts – da gibts zum Beispiel in K. bei Güssing im Süd­bur­genland ein Imbiss-Espresso, mit dem seltsamen Namen:
    »Cheese Beans«
Letzte Woche trink ich dort einen Kaffee und frag das Mädel hinter der Bar, was der Name bedeuten soll. Erklärt sie mir, dass das Lokal ihr und ihrer Cousine gemeinsam gehört, und weil sie beide halt kesse Bienen seien, wäre es nach seinen Besitzerinnen benannt. Und weil sichs cooler anhört, sollte der Lokalname englisch sein.
»Bienen auf englisch haben wir selber gewusst,« erzählt sie, »und wegen kesse haben wir meinen Schwager angerufen, der kann nämlich englisch und hats uns am Telefon übersetzt.«
Cheese!

In 30 Tagen um die Welt, 41. Tag


.. Tulln, Zuckerstadt an der Donau

Aus Tulln kommt der Zucker. Haben Sie gewusst, dass Zucker einen Geruch hat? Die Zuckerfabrik steht mitten in Tulln, und bei Nie­der­druckwetter hängt der Zuckergeruch über der ganzen Stadt – die Tullner Luft riecht süß. Der Tullner Zucker wird in Tanks abgefüllt und geht auf die Reise, z.B. nach Vorarlberg am schönen Rhein.


Mit 25 Tonnen Zucker gehts nach Vorarlberg ..

In Vorarlberg zuckern sie ihr Wasser damit, füllen es in Tetrapaks und verkaufens als Eistee. So geht wiederum das gezuckerte Vorarlberger Wasser auf die Reise: unter anderm auch z.B. nach Tulln an der schönen Donau.


.. mit 25 Tonnen Zuckerwasser gehts retour nach Tulln.

In 30 Tagen um die Welt, 40. Tag

  ..  von Zwettl nach Bukarest

Wieder mit einer Fuhre Erdäpfel unterwegs, aus dem Waldviertel nach Bukarest. Rumänische Erdäpfel sind für gewöhnlich relativ klein, naturbelassen, mit dicker schrumpeliger Schale und gutem Geschmack. Die Waldviertler Erdäpfel: riesengroß, mit chemischem Dünger & Pes­ti­zi­den künstlich hochgezüchtet, hauchdünne Schale, wenig Nährstoffe, so gut wie ge­schmack­los. Kaum viel mehr als aufgepuschte Zellulose & Wasser. Und wesentlich teurer. Aber: we­ni­ger Arbeit beim Schälen, und deshalb kaufen sie die Rumänen lieber, wie mir der Groß­händler erklärt.
Der Gemüsegroßmarkt in Bukarest ist ein großer staubiger Platz, bevölkert von zahllosen streu­nenden Hunden, die Erdäpfel werden palettenweise direkt vom Lkw runter verkauft. Der­weil ich nebenan in der Marktkantine frühstücke, danach ein Schläfchen, nach kaum zwei Stunden ist der Lkw entladen. 25 Tonnen Erdäpfel aus Zwettl auf dem Weg in rumänische Koch­töpfe.
(Retourladung gibts diesmal keine, Leerfahrt zurück. Montag gehts wieder runter, gleiche Tour nochmal.)

In 30 Tagen um die Welt, 39. Tag


.. von Südamerika nach Hawaii

Das giftigste landbewohnende Amphibium, wenn nicht das giftigste Tier überhaupt, ist der südamerikanische Schreckliche Pfeilgiftfrosch.

Der heißt wirklich so. Bereits vor der Erfindung von Pfeil & Bogen verwendeten die in­di­ani­schen Ureinwohner Pfeilgiftfrösche als tödliche Waffen, indem sie ihre Feinde damit bewarfen oder sie ihnen heimlich ins Müesli mischten.
Außer in Südamerika gibts noch eine weitere, allochthone (= ursprünglich dort nicht be­hei­ma­tete) Population von Pfeilgiftfröschen auf Hawaii. Weils auf der Südseeinsel vorher keine gab, wurden die hochgiftigen Frösche Anfang des 20. Jahrhunderts von Menschenhand künstlich dort angesiedelt, was natürlich eine mords schlaue Idee war. Mittlerweile haben die alloch­tho­nen Giftlurche in ihrer neuen Heimat zahlreiche heimische Arten verdrängt, von daher stammt die hawaiianische Redensart »Lurch Schaden wird man klug.«

In 30 Tagen um die Welt, 38. Tag

  ..  von Odessa nach Purkersdorf

Was importieren die Bayern aus Ägypten? Ratet mal. Das gleiche was die Österreicher in die Ukraine exportieren. So läuft das mit der Globalisierung. Letzte Woche, zum Beispiel:

Eine Ladung Erdäpfel kommt aus Ägypten per Schiff übers Mittelmeer nach Ancona an der Adria, dort krieg ich sie auf den Lkw umgeladen. Mit 25 Tonnen ägyptischer Erdäpfel gehts über den Brenner zum Großmarkt München. Klar wachsen auch in Deutschland genug Erd­äpfel, aber in Ägypten sind sie billiger.
Tags darauf im Innviertel/Oberösterreich: eine Ladung für Odessa, Ukraine. Nämlich 25 Tonnen Erdäpfel. Mit den Innviertler Erdäpfeln gehts ans Schwarze Meer – bizarr, nichtwahr. Klar wachsen auch in der Ukraine genug Erdäpfel, aber in Österreich sind sie billiger.
(Retourladung in Galaţi, Rumänien: eine Ladung Eichenrundholz nach Purkersdorf im Wie­nerwald. Klar wachsen auch im Wienerwald genug Eichen, aber so läuft das halt.)
Warum die ägyptischen Erdäpfel nicht in Odessa an Land gehen, die Innviertler Erdäpfel nicht einfach nach Bayern rüber geworfen und die Eichen nicht gleich im Wienerwald vor der Haustür gefällt werden, hat alles seine Logik. Und Logistik.
Rumänische Eiche

Rumänien: der kleine Gigerer (Pfeil) muss die Stämme aus dem Wald ziehen, dann werden sie nach Österreich geschafft. Was für die Lkw-Verladung zu lang ist, wird abgeschnitten.

In 30 Tagen um die Welt, 37. Tag

  ..  von Monfalcone nach Bremerhaven

In Monfalcone für Bremerhaven geladen, Dispo sagt mir Entladeadresse am Handy durch, als ich mit den Italienern grad Kaffee trinke, ich höre:
    Disponent: “Senator Porcella-Straße.“
    Ich: “Porcella, wie sichs anhört?“
    Dispo: “Mit doppel T.“
    (doppel T?) Ich: “Mit doppel L, Senator Porcella?“
    Dispo: “Doppel L, ja. Wie sichs anhört.“
Und die Italiener, die mir beim Telefonieren zuhören, amüsieren sich drüber. Porcella ist italienisch und heißt Schweinchen, zugleich ein derber Ausdruck für das weibliche Genital. Senator Porcella, was für alberner Name. Wieso nennen die in Bremerhaven eine Straße nach so jemand.

(Besagte Straße schreibt sich tatsächlich mit doppel T, wie sich herausstellte, nämlich Se­na­tor-Borttscheller-Straße. Liest sich freilich nicht halb so albern wie sichs anhört. *)

*) (apropos albern, deutscher Kollege fragt mich in Wien mal: wie er nach “Dämlicher Hafen“ komme?) (der meinte den Alberner Hafen :)

In 30 Tagen um die Welt, 36. Tag


.. von Amsterdam nach Zandvoort

Im Amsterdamer Hafen gibts ein schwimmendes chinesisches Restau­rant, mit drei Stockwerken. In allen drei Stockwerken wird das gleiche Essen serviert, gleiche Speisen, gleiche Portionen, in der gleichen Küche zubereitet. Aber:  im ersten Stock kostet es das doppelte wie im Erdgeschoß, im zweiten Stock das dreifache. Warum das so ist, weiß man nicht. Es lässt sich beobachten, dass im Erdgeschoß kaum Gäste essen, auch im ersten Stock nur relativ wenig. Dafür herrscht im obersten Stockwerk, wo das Essen dreimal so teuer ist, stets dichtes Gedränge, Tische nur nach Reservierung.
Merkwürdige Leute, die Chinesen.

Amsterdam, “Venedig des Nordens“ – die berühmten Kanäle, die das Amsterdamer Stadtbild prägen, sind äußerst malerisch. Und unpraktisch. Durchschnittlich fällt jede Woche min­de­stens ein Auto in einen Kanal. (die Amsterdamer Kanäle, heißt es, sind: “durch­schnittlich 3 Meter tief: 1½ Meter Autos und 1½ Meter Wasser.“)
In den 60er-Jahren ging man daran, zahlreiche Kanäle mit Sand zuzuschütten. Zufällig gabs in Zandvoort grad eine Düne günstig im Sonderangebot, die kauften die Amsterdamer den Zandvoortern ab. Um den Zandvoorter Dünensand, den sie in ihre Kanäle kippten, nach Amsterdam zu schippern, gruben sie einen 30 Kilometer langen – erraten: Kanal.

In 30 Tagen um die Welt, 35. Tag


..   Amsterdam (II)

Amsterdam liegt in einem Moorgebiet, die Häuser wurden auf Holzpfählen erbaut, welche mit der Zeit im Moor versinken. Deshalb stehen alle Häuser schief.

Sollte man meinen. Tatsächlich standen die allermeisten Häuser noch nie gerade, sondern wurden von vornherein schief gebaut, mit Absicht. Das kam so: der erste Amsterdamer baute sein Haus mit nach außen vornüberkragenden Fassaden. So konnte er bei Regenwetter außen rund ums Haus laufen, ohne nass zu werden. Der zweite fand das für eine tolle Idee und machte es dem ersten nach, undsoweiter. Jeder neue Bauherr richtete seine Fassade per Augenmaß nach der seines Nachbarn aus. Eines Tages kam ein Schlaumeister mit einer Wasserwaage daher und baute das erste gerade Haus in Amsterdam. Mit dem optischen Effekt, dass es als einziges geradestehendes Haus in dem durchgehend windschiefen En­sem­ble völlig schräg aussah – als würde es nach hinten kippen. Dennoch setzte sich der neue Bau­trend durch und die Amsterdamer gingen nunmehr dazu über, allenthalben gerade Häuser zu bauen. Welche alsbald wieder schief standen, weil sie ja im Moorboden einsanken, siehe oben.

Fenster und Türstöcke gehen in dem sich verziehenden Mauerwerk ständig aus den Fugen und müssen nach Naturmaß neu eingepasst werden, für Zimmerer und Tischler ist Am­ster­dam eine einzige Herausforderung.

Das einzige, was in Amsterdam zuverlässig gerade steht, ist der Wasserspiegel:

(morgen: Wie die Amsterdamer den Zandvoortern eine Düne abkauften.)