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30 Tage um die Welt

In 30 Tagen um die Welt, 34. Tag


..   Amsterdam

In Peking, so weiß die Statistik, gibt es neun Millionen Fahrräder. Und fünf­zehneinhalb Millionen Einwohner. Dagegen hat es in Amsterdam nur knapp eine dreiviertel Million Einwohner, aber reichlich über eine Million Fahr­räder.

Die statistische Fahrraddichte in Amsterdam ist somit mehr als doppelt so hoch wie in Peking. Es gibt eigene Parkhäuser für Fahrräder. Fahrräder heißen auf niederländisch Fietsen. Ko­mi­sches Wort.

Am Amsterdamer Bahnhof gibt es drei Warteräume: Erste Klasse, Zweite Klasse, und einen für den König. Falls der König mal mit dem Zug fahren will und zu früh dran ist.

Die Amsterdamer haben bekanntlich keine Vorhänge: man wundert sich über die zahllosen an­einandergereihten Auslagen von Einrichtungsfachgeschäften in allen Gassen – bis man da­hin­terkommt, dass es sich um lauter private Wohnzimmer handelt, in die man blickt. Sollte man den­noch an einem Fenster einen Vorhang entdecken, dann ist der womöglich nur auf­ge­malt.

In den Grachten (Kanälen) gilt ein rigoroses Tempolimit für Boote, was von der Amsterdamer Wasserpolizei mit Radarpistolen unerbittlich überwacht wird.

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In 30 Tagen um die Welt, 33. Tag

..  Deutschland, der Verkehr

»Der Deutsche fährt nicht wie andere Menschen. Er fährt, um recht zu haben. Rücksicht nehmen? um die entscheidende Spur nachgeben? auf­lockern? nett sein, weil das praktischer ist?... nichts davon. Mit einer Stur­heit, die geradezu von einem Kasernenhof importiert erscheint, fährt Wagen gegen Wagen, weil er das “Vorfahrtrecht“ hat – sie haben ja alle so recht! Denn Ordnung muss sein, und anders können sie sich Ordnung nicht vor­stellen – wo ich fahre, da fahre ich! – ums Verrecken bremst er nicht.
Es ist keine Ordnung. Es ist organisierte Rüpelei.«

schrieb Kurt Tucholsky, im Jahre 1929.
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(K. Tucholsky, “Der Verkehr“).

In 30 Tagen um die Welt, 32. Tag

.. die Steinerne Bibel von Schöngrabern
    In Schöngrabern im nördlichen Weinviertel (Niederösterreich) fin­det sich ein höchst ungewöhnlicher Solitär mittelalterlicher sak­raler Kunst am Bau, die sogenannte Steinerne Bibel an der Apsis der ro­ma­ni­schen Pfarrkirche aus dem frühen 13. Jhdt.
Über Sinn oder Bedeutung der Figurendarstellungen auf den Reliefsimsen herrscht unter Fachleuten Uneinigkeit, offenkundig handelt es sich um Illustrationen zum Alten und Neuen Testament. Manche deuten sie als »biblia paupera«, als Armenbibel für alle, die keine Bibel daheim haben oder nicht lesen können: denen sollen die Bibeltexte auf dem Wege bildlicher Darstellung vermittelt werden, quasi die Heilige Schrift als 3D-Comix. (schwer nach­voll­zieh­bare Theorie: was, bitte, sollte ein mittelalterlicher Analphabet aus den Bildern heraus­lesen, wenn er die Originalstory nicht kennt. Wenn es bis heute nichtmal den Fachleuten gelingen will, die Darstellungen schlüssig zu interpretieren.)
Die Spekulationen über die Bedeutung der Schöngrabener Reliefs gehen weiter.

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(Mitte: »Kasperl & Pezi hauen das Krokodil«).

In 30 Tagen um die Welt, 31. Tag


..  Afrika

Die Bedeutung der Rolle Afrikas in der Weltgeschichte darf nicht un­ter­schätzt werden, erstens stammt der Homo sapiens aus der Gegend, was schon mal nicht unerheblich ist. Zweitens, wäre Afrika nicht auf dem See­weg nach Indien im Weg gewesen, dann wäre ein Kolumbus gar nicht auf die Idee gekommen, nach Westen loszusegeln, und Amerika wäre wo­mög­lich bis heute nicht entdeckt. Ohne den schwarzen Kontinent, die Wiege des Homo sapiens, hätte es genaugenommen überhaupt keinen Kolumbus gegeben, weil der war ja auch einer. Alles Ansichtssache, wie man sieht.
(apropos Ansichtssache: Europäer definieren ein Zebra gemeinhin als weißes Tier mit schwar­zen Streifen. Afrikaner dagegen als schwarzes Tier mit weißen Streifen. So erzählt der große Stephen Jay Gould.)
(Warum die Nashörner in Afrika nicht fliegen können, lässt T. C. Boyle in seinem Roman »Wassermusik« einen afrikanischen Halbwüchsigen erklären:  weil die so riesige Haufen machen. Würde nun ein Nashorn im Flug so einen riesen Haufen einem Menschen auf den Kopf fallen lassen, würde der das bestimmt nicht so toll finden. Und darum hat’s der Herrgott so eingerichtet, dass sie nicht fliegen können. Aus logischem Grund also.)

In 30 Tagen um die Welt, 30. Tag

.. in der Schweiz.

Die Schweiz ist ein exotisches Land außerhalb Europas, wo man
trotzdem ohne Jetlag hinfliegen kann. Auch die Sprache ist exotisch.

Letzte Woche will ich in einer Einkehrwirtschaft in Winterthur eine Suppe bestellen, sagt die Kellnerin: »D’ Supp’n isch fertig.«
»Fein,« sag ich, »Suppe nehm ich.«
und die Kellnerin: »D’ Supp’n isch fertig!«
Ich: »Gut. Ich nehm eine.«
Kellnerin: »Ab’r d’ Supp’n isch fertig !!«
Ich: »Dann her damit.«
Kellnerin: »D’ Supp’n isch FERTIG !!! du Hornochs!«

Ja, die Schweizer – »Essen ist fertig« sagen die anstatt »Essen ist aus«.
Seltsame Sprache.
Es mag verwunderlich scheinen, warum die Schweizer kein gewöhnliches Deutsch reden wie andere Leute auch, wir Österreicher zum Beispiel:
Gestern mittag will ich in Wien ein Gulasch bestellen, aber der Wirt sagt:
»Gulasch is gar. Derf ’s was anders sein?«
»Essen ist gar« sagt man in Österreich für »Essen ist aus«, wie jedermann weiß.
Darum versteht man die Österreicher auch besser als die Schweizer.

In 30 Tagen um die Welt, 29. Tag


.. von Lainz nach HaWei
.
Wie Hadersdorf-Weidlingau zu seinem Namen kam:

Im elfhundertzwoundneunzigsten Jahre d. H. trug es sich zu, dass Kaiser Friedrich Bar­ba­rossa auf der Heimkehr aus dem Heiligen Land, allwo er gegen die Heiden und Mame­lucken gefochten, vor den Toren Wiens Rast hielt. Korrigiere: nicht Kaiser Rotbart, König Löwenherz wars. König Löwenherz also hielt Rast, stets dabei sein getreuer Knappe, der Sänger Blondel. Knappe Blondel nahm seinem Herrn die Lanze ab und lehnte sie an einen Haselnussstrauch.
“Wo ist meine Lanze, Knappe?“ fragte der König, als sie wieder aufbrachen, und Blondel wies auf den Haselnussstrauch und, sintemalen wir uns grad im Mittelalter aufhalten, sprach:
“Dort laint s’.“
“Wie heißt dieser Ort?“ begehrte der König zu wissen.
“Er hat keinen Namen, Herr.“ tat Blondel kund.
“So lasset uns denn,“ sprach König Löwenherz, “jenen Ort fürderhin Lainz nennen.“
Und sie zogen von hinnen.
Als sie nun abermals Rast hielten, da nahm Blondel seinem Herrn wiederum die Lanze ab und lehnte sie an einen Haselnussstrauch, kennen wir schon. Aufs neue fragte beim Aufbruch der König “Wo ist meine Lanze, Knappe?“, und Blondel wies auf den Strauch: “Dort laint s’.“
“Und wie heißt dieser Ort?“ begehrte der König zu erfahren, und Blondel tat kund: “Er hat keinen Namen, Herr.“
“Wohlan,“ sprach darauf König Löwenherz, “so lasset uns jenen Ort fürderhin Lainz nennen.“
“Vergebt, Herr,“ wandte indes Blondel ein, “doch Lainz nanntet Ihr bereits einen Ort.“
König: “Lainz hatten wir schon?“
Blondel: “So ist es, mein König.“
“Nun denn,“ entschied darob König Löwenherz, “so lasset uns jenen Ort fürderhin Ha­ders­dorf-Weidlingau nennen.“
Und sie zogen von dannen.

In 30 Tagen um die Welt, 28. Tag

    .. von Iaşi nach Satu Mare: Via mala

Manches ist merkwürdig in Rumänien, Papiergeld hat z.B. durchsichtige Gucklöcher, und Neu­jahr ist dort gleich zweimal hintereinander, nämlich am 1. und am 2. Jänner nochmal. Warum, ist nicht bekannt.

Von Iaşi nach Satu Mare überquert man den Nordkarpaten-Hauptkamm, über der Baum­grenze. Letzte Woche hatte es dort einen viertel Meter Neuschnee, musste wieder mal die Schnee­ketten auspacken. Graf Dracula stammt aus der Gegend.
An der Strecke liegt auch eine Ortschaft namens Humor, und den hat man angesichts der dortigen Straßenzustände bitter nötig.

In Rumänien gibts zwei Autobahnen, sie tragen sinnigerweise die Nummern A1 und A2 und führen von Bukarest in östliche & westliche Richtung. Jeweils ungefähr eine Fahrstunde weit. Dann enden sie unvermittelt in der Pampas. Die Straßen mit den grünen E-Nummern werden als “europäische Fernverkehrswege“ klassifiziert. Seit 1. Jänner ist auch Rumänien in der EU, an den Europa-Fernstraßen wird gearbeitet: manche Teilstrecken sind sogar bereits as­phal­tiert – naja, jedenfalls auf einer Fahrbahnhälfte.
Die Brücken sind manchmal bissel schmal, gelegentlich gibt es Gegenverkehr.
Beschrankte Bahnübergänge sind die Ausnahme. Auch Stau kann vorkommen.
Überfahrene Hühner, Enten, Gänse undsoweiter werden aufgesammelt und landen im Koch­topf, überfahrene Hunde werden liegen gelassen. Esel, Pferde, Ochsen u.ä. zu überfahren sollte man vermeiden.
Für die meisten herkömmlichen GPS-Navigationssysteme ist Rumänien übrigens Terra in­cog­nita, vielleicht biegt der Satellit ja vor der Grenze ab und fliegt lieber woandershin. Ab­ge­sehen von den “europäischen Fernverkehrswegen“ gibts dort aber eh kaum befahrbare Straßen, wo ein vernünftiger Mensch was zu suchen hätte, zur Not kann man sich durch­fragen.

(Tipp für Autofahrer:  fahren Sie in Rumänien grundsätzlich niemals über einen Kanal­deckel. Es könnte sein, dass keiner da ist. Altmetall ist in Rumänien kostbar, und Alt­me­tall­han­del eine populäre Nebenerwerbsquelle.)

Straßenfernverkehrsalltag in Rumänien

In 30 Tagen um die Welt, 27. Tag


.. von Hollywood nach Long Beach

Im Dezember 1976 filmte ein Kamerateam der Universal Studios im Nu-Pike-Vergnügungspark von Long Beach/Kalifornien für eine Episode der TV-Serie Ein Colt für alle Fälle (mit Lee Majors). In einer dunklen Ecke des Gruselkabinettes entdeckten die Film­leute eine verstaubte Schau­fensterpuppe, die mit fluoreszierender Farbe bestrichen war und schaurig aufleuchtete, wenn sie von einer UV-Lampe angestrahlt wurde. Weil die Puppe bei den Dreharbeiten im Weg war, ergriff sie ein Techniker am Arm, um sie beiseite zu schaffen. Dabei brach der Arm der Puppe ab, und ein echter mensch­licher Armknochen ragte heraus.
Es stellte sich heraus, dass es sich bei der vermeintlichen Schaufensterpuppe um die originale Mumie des 1911 in einem Feuergefecht erschossenen Bankräubers Elmer McCurdy handelte:  seine einbalsamierte Leiche war danach jahrzehntelang in ver­schiedenen Kurio­si­tä­ten­ka­bi­netts im Westen der USA ausgestellt gewesen. Aber nach dem Tod des Schau­stellers, in dessen Besitz sie sich zuletzt befunden hatte, war in Vergessenheit geraten, welche Bewandtnis es mit der bemalten “Puppe“ tatsächlich auf sich hatte.

Elmer McCurdy, der Bankräuber

In 30 Tagen um die Welt, 26. Tag


.. Deutschland:  Hochsicherheitszone Tankstellenklo

Deutschland ist ja bekanntlich das Land der Dichter und Denker, die be­deutendsten sind wohl Goethe, Schiller, Einstein und D. Küblböck.

In Deutschland erfunden wurden Gartenzwerg und Kraftfahrzeug, Dosen­pfand und Dauerwelle, Wiener Schnitzel mit Tunke sowie das Neben­ein­an­der­fahren auf der Autobahn.
Dass die Autobahn gemeinhin ebenfalls als deutsche Erfindung gilt, nämlich erfunden von Herrn Hitler höchstpersönlich, stimmt natürlich nicht. Weil Hitler war ja Ösi.

Apropos: Tankstellenklos auf deutschen Autobahnen gelten als Hochsicherheitszonen und sind durch elektronische Schrankenanlagen strengstens gegen unbefugtes Eindringen ab­ge­sichert. Ob beim Übertreten des Sperrbereiches eventuell automatische Selbst­schuss­apparate ausgelöst werden, weiß ich nicht. Bin ja nicht lebensmüde, dass ich da reingeh um das he­raus­zu­finden.
Wo es keine elektronische Sperrvorrichtung gibt, dort sitzt eine militante Figur vor dem Klo und fordert unerbittlich einen Obolus von –.50 Euro (entspricht 1.– DM) ein, als Obolus für, äh .. ja, wofür eigentlich. Na, eben dafür, dass er halt vor dem Klo sitzt. Irgendwer muss es ja tun, nichtwahr. Dort sitzen.
Wer nicht zahlt, wird vermutlich von der militanten Vor-dem-Klo-Sitzer-Figur standrechtlich exekutiert.
Die hermetische Abriegelung des deutschen Tankstellenklos erweist sich als hoch­effizient, jeder vernünftige Mensch bleibt draußen und macht sein Pipi lieber neben oder hinter der deutschen Tankstelle.

1922 bekam man in Deutschland für einen Pfennig zwei Haribo-Gummibären. Wurden da­zu­mals tatsächlich stückweise verkauft, allerhand sowas.

In 30 Tagen um die Welt, 25. Tag – Vinologisches

    .. Weinviertel,
Niederösterreich besteht bekanntlich aus vier Vierteln: Wein­viertel, Waldviertel, Mostviertel & Industrieviertel. Das fünfte Viertel ist das Marchfeld. (Sagen die Marchfelder.)

Die Industrieviertler heißen nicht gern so, dort finden sie die Bezeichung diskriminierend und ungerecht, aber was auf der Welt ist schon gerecht. Die vorzüglichsten niederösterreichischen Weine stammen übrigens aus dem Industrieviertel (aus diversen Lagen in der sogenannten Ther­menregion südlich von Wien), aus dem Weinviertel hingegen stammen überwiegend In­dus­trie­weine.

Die Brünnerstraße durchquert das Weinviertel von Wien richtung Brünn/Brno, und entlang der Brünnerstraße gedeiht der Brünnerstraßler, eine Hervorbringung von erlesener Scheuß­lichkeit & Rabianz. Der eisenhaltige Lößboden lässt eine Rabiatperle von dermaßen hoch­gra­di­gem Schwermetallgehalt heranreifen, dass man nach der Einnahme von ein paar Vierteln Brünner­straßler sich bei Gewittergefahr keinesfalls im Freien aufhalten sollte.
(Der Ausdruck “Heckenklescher“ leitet sich etymologisch nicht – wie meist fälschlich an­ge­nommen – von daher ab, dass erhöhter Konsum desselben den Konsumenten am Heimweg zuverlässig in den Liguster klescht, vielmehr von Kleschn, einer veralteten Bezeichnung für minderwertigen Wein, welcher nicht am kultivierten Rebstock, son­dern wild in der Hecke ge­wach­sen ist.)

Grad ist wieder Sturmsaison. Sturm heißt das Übergangsprodukt im Gärungsprozess zwischen dem gepressten Traubenmost und dem Wein. In diesem Stadium ist der Sturm zwar noch trüb und schmeckt wie harmloser Obstsaft, ist aber bereits beträchtlich alkoholisch vergoren. Was ihm eine nicht zu unterschätzende Heimtücke innewohnen lässt: das Zeugs rinnt dem arg­lo­sen Zecher runter wie Traubenkracherl, die Nachwir­kungen manifestieren sich später meist recht akut. Nämlich als 1.) unvermutet ein­tretende Vollberauschung, sowie 2.) eruptiver Er­leich­te­rungs­drang. Quasi der Sniper unter den Keltereiprodukten.
Wir verstehen nun die Bedeutung des Begriffspaares “Sturm und Drang“.

Des weiteren kann übermäßiger Sturmgenuss Schotterausschlag sowie Lederallergie (bzw. Haarwurzel-Katarrh) zur Folge haben. Auch als “Doppler-Effekt“ bekannt.

Dass Sie sich im Weinviertel befinden bemerken Sie u.a. daran, dass die Leute dort “lewenti“ sagen oder “nopfenti“ anstatt “lebendig“ oder “notwendig“.