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Ösitanisches

Linguistisches

Aus der Reihe: “Ösitanisch für Außerösische“
In einem aktuellen Eintrag erinnert Kollegin Etosha an ihre seinerzeitigen, höchst lau­nigen Betrachtungen über den Conjunctivus Austriacus, die im Ostmittelbairischen endemische Varietät des Konjunktiv II (vulgo Irrealis).
Etymologisches
Ein Spezifikum des Conjunctivus Austriacus stellt der iterative Appendix im Flexions­suffix dar, drei Musterverben im betr. Konjugationsmodus zur Veranschaulichung:

  Standarddt.|Conjunct.AT|Aussprache
——————————————————————————————————————
      täte      täterte      dadad
      wäre      wärerte      warad
       ginge     gingerte     gangad

Einen hübschen Conjunctivus Austriacus in dreifacher Ausfertigung unter Gebrauch der oben angeführten Verben vernahm ich etwa vorm Wiener Apollo-Kino, als einer im Hinblick auf den nahenden Beginn der Vorführung seine Begleiterin mahnte:
    »I dadad sogn, ’s warad Zeit wauma sche laungsaum einegangadn.«
    [Übers. f. Außerösische:.»Ich würde sagen, es wäre höchste Zeit dass wir endlich hi­nein­gingen.«]
Typisch an dem Exempel ist überdies die semantische Relativierung der bestehenden Dring­lichkeit, welche sich für den unkundigen Rezipienten womöglich als Manifestation der berüchtigten “Wiener Gemütlichkeit“ missinterpretieren lässt. Tatsächlich ist das nicht der Fall, vielmehr pflegt in Form des ösitanischen Konjunktiv II nicht selten ein verklausulierter Imperativ daherzukommen. Einmal hörte ich zu, wie ein Lkw-Fahrer einen säumigen Kol­le­gen, der die Zufahrt zur Abladestelle blockierte, dazu anhielt sich unverzüglich von dannen zu verfügen:
    »Warad boidamoi Zeit wauns di sche laungsaum schleichn dadast.«
    [Übers. f. Außerösische: »Mach dich vom Acker, aber pronto!«].
________________
(siehe auch: Über den Optativus Viennensis).

Wirtzhaus

Wenns mit dem Wetter so weitergeht, muss der Schani den Garten wieder raustragen.

(Wien X., Rudolfshügelgasse)

4. September

Heute vor 190 Jahren kam in Ansfelden bei Linz Anton Bruckner (1824-1896) zur Welt, einer der bedeutendsten und innovativsten Komponisten seiner Epoche.
In Kontrast zu seinem genialen musikalischen Schaffen stand Bruckners persönliches Auf­tre­ten als reichlich einfältige, rustikale Type, was seine Zeitgenossen des öfteren befremdete. (Sein Kollege Gustav Mahler, von Bruckners musikalischem Genius und Bauern­tölpel­haf­tig­keit gleichermaßen beeindruckt, nannte ihn einen “gott­begna­de­ten Trottel“.)
Anlässlich der Verleihung des Franz-Josephs-Ordens wurde zum Gala-Diner zu Ehren des Komponisten dessen Leibspeise aufgetragen, Geselchtes mit Kraut & Knödel.
Bruckner, mit großem Appetit, haute tüchtig rein wie ein Futterknecht, und als ihn Seine Majestät der Kaiser amüsiert fragte ob etwa noch ein Nachschlag konveniere?, da lehnte Bruckner dankend ab: “Na, i kann nimmer mehr, sonst speib i mi an.“

Österreich: Geschichte einer Kolonialmacht

Haben Sie übrigens gewusst, dass Österreich einstmals eine Kolonialmacht war.

Anno 1777 wurde, gemäß dem Motto »A.E.I.O.U«, ein Landstück an der Maputo-Bucht in Mosambik/Südostafrika in kaiserlichen Besitz genommen, indem man es einem an­sässigen Stammeshäuptling abkaufte, eine Besatzung bestehend aus 10 (zehn) Mann stationierte und zur ersten österrei­chischen Überseekolonie erklärte. Leider gehörte das betreffende Landstück gar nicht dem Häuptling, sondern längst den Portugie­sen, welche es den Österreichern kur­zer­hand wieder wegnahmen.
Gleiches widerfuhr den Österreichern ein Jahr später, 1778, als sie den eingeborenen Insu­la­nern ein paar Nikobaren-Inseln abkauften, mit 6 (sechs) Mann besetzten und zu öster­rei­chi­schen Kronkolonien ausriefen: weil die pfiffigen Insulaner nämlich besagte Inseln zuvor längst an Dänemark verkauft hatten. Unverzüglich nahmen die Dänen den Ösis die Inseln wieder weg und schickten das sechsköpfige Kolonistentrüpplein heim nach Wien, wo sie sich beim Salz­amt darüber beschweren durften.
Damit endete Österreichs Auftritt in der Kolonialgeschichte.

(Zwar wurde in weiterer Folge, um 1783, noch in Betracht gezogen, die Insel Madagaskar zu er­obern, welche sich aber bei näherem Augenschein als zu groß & unübersichtlich erwies, wo­rauf­hin man von den Eroberungsplänen wieder Abstand nahm und diese so­zusagen im Ko­lo­nia­kü­bel landeten.)
(Die österr. Bezeichnung Koloniakübel für Abfallbehälter hat mit der glücklosen Kolo­nial­ge­schichte jedoch nix zu tun.)

22. August

Heute*) vor 165 Jahren, am 22. August 1849, kapitulierte Venedig und wurde von den Öster­reichern erobert.

Mit dem Abwurf von Brandbomben, welche an Wasserstoffballons schwebten, hatte die öster­reichische Artillerie den ersten Luftangriff der Weltgeschichte ausgeführt. Die Ballon­bomben wurden von einem vor der Lagune kreuzenden Raddampfer der österr. Kriegsmarine gestar­tet und detonierten über Murano, verursachten jedoch keinen nennenswerten Sachschaden. Die psychologische Wirkung war hingegen beträchtlich, weil die Venezianer ihre weltberühmten Glaswerkstätten auf Murano in Gefahr sahen, durch das österreichische Luftbombardement in Scherben zu enden, und deshalb die weiße Flagge hissten.

Heutzutage braucht sich vor österreichischen Luftangriffen keiner mehr zu fürchten, weils kein Geld für den Flugzeugsprit gibt.

Etymologisches

Aus der »Liste der Österreichischen Fachbegriffe und deren etymologische Her­leitung«:
    Gschlåda, Gschlempa, Gwascht (gleichbed.) = minderwertiges Getränk
Gschlåda (auch: Gschleda), n.
v. mhd. gesleder = schlammiges Wasser; nhd. geschlädere = Sautrank
vgl. schladern, schledern (Verb) = unmanierlich trinken

Gschlempa, n. 
v. nhd. schlempe = Spülicht, Abwaschwasser
vgl. schlempern (Verb): v. spätmhd. slemmen, slampen = schlürfen
    » schlampen, verb. flüssiges mit geräusch einschlürfen, wie der hund es thut.«
    (Deutsches Wörterbuch d. Brüder Grimm).
Gwascht, n.
schmutzige Flüssigkeit, Abwasser; v. waschen
    » Gwascht, bedeutet eine Nässe, die von vielem Waschen
    oder Ausschwenken verursacht wird. Oest.«
    (Deutsches Provinzialwörterbuch, 1792).
Beispiele:
  • “De Bujabäs? A stinkats Gschlåder.“ (Helmut Qualtinger*)
    [“Die Bouillabaisse? Eine schlecht riechende Suppe.“]
  • “Für des Gschlemper is ma um mein schen Durscht lad.“ (Kollege Kurtei*).
  • “Wia kann denn der Herr da von Euchern Gwascht trinken?“ (Karl Adolph*).

Etymologisches

Aus der »Liste der Bairisch-Österreichischen Fachausdrücke, für die es im Schrift­deutschen kein gleichbedeutendes Synonym gibt«:
.Baaz (Subst., m.) = pampige, gatschige Masse *)
Etymologisches
*) Nota bene: im Bedeutungsunterschied zu gleichltd. Baaz (Subst., f.) = Beize, Sur

Herleitung: v. mhd. backezen, batzen = klebrig, weich sein
Bedeutung: breiartige Substanz mit ggf. schlaziger Konsistenz
Beispiele:
  • Griaßbaaz = Grießkoch, Grießbrei
  • Äpfebaaz = Apfelmus
  • Eapfebaaz = Erdäpfel[=Kartoffel]-püree
  • Obazda, bairisch = Angebatzter, zu Baaz gemanschter [Käse]
  • baazwaach (Adj.) = weich wie Baaz; massiv betrunken
  • (jmd. hat es) derbaazt (Verb, trans.) = derprackt, ums Leben gekommen;
    insbes. d. (Straßenverkehrs-)Unfall, bildl.: wie ein Insekt derklatscht
Wörter mit sinnverwandter, aber nicht identer Bedeutung:
Måtschga = Matschker, Matsch, Zergatschtes
Schlaz = Schleim; möglicherw. v. tschech. slíz = schlitzig, schleimig, glitschig

Anwendungsbeispiel (Schibboleth):
»Achten Sie darauf, dass Sie sich beim obazn mit der Baaz mit dem Baaz ned aubotzn.«
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[Übers. f. Außerösische: »beim abbeizen mit der Beize mit dem Baaz nicht anpatzen.«].

Linguistisches

Aus der “Liste der österreichischen Wörter, für die es im Schriftdeutschen kein gleichbedeutendes Synonym gibt“:
allerweil, sprich: ollaweu (Interjektion) = “Ach, wenn doch bloß“ *).
Etymologisches
*) Nota bene: im Bedeutungsunterschied zu dem gleichlautenden allerweil (Adverb) = immer, ständig, dauernd.

Kollegin Etosha verweist in einem schönen Artikel auf den Conjunctivus Austriacus, unter Linguistikern auch als Ostmittelbairischer Möglichkeitsmodus bekannt.

Eine im Wienerischen endemische Varietät des genannten Conjunctivus Austriacus stellt der Optativus cupitivus Viennensis dar, nachfolgend ein Exempel unter zwei­facher Verwendung von “allerweil“ (als Interjektion sowie als Adverb), zugleich in zweierlei Bedeutung:
    »Ollaweu ’s warad ollaweu so.«
[»Ach, wenn es doch bloß immer so wäre.«]

Meine lieben Wiener Schwiegereltern* waren einmal im Theater, in der zweiten Pause fragte Schwiegermama, ob es ihm eh noch gefalle? – Ja eh, gab Schwiegerpapa zu, aber:
    »Ollaweu de faungadn ins featigwean aramoi au.«
    [»Allerweil die täten auch mal mit dem Fertigwerden anfangen.«]
Schwiegermama draufhin zu Schwiegerpapa:
    »Ollaweu du sogast ned ollaweu “ollaweu“.«
    [»Ach, wenn du bloß nicht ständig “allerweil“ sagen würdest.«]

Etymologisches

Aus der »Liste der österreichischen Wörter, für die es im Schriftdeutschen kein gleichbedeutendes Synonym gibt«:
.vawoadagln, (Verb) = verwirrstalten
vawoadagld, (Adj.) = verwirrstaltet
Bedeutung:
  • verwordageln (Verb, transitiv):  etwas aus der Fasson bringen, verwursteln.
  • verwordagelt (Adj.):  aus der gehörigen Form geraten bzw. gebracht,
    Konstella­tion un­vor­teil­haft durcheinandergeraten.
    U.a. kommen auch Texthervorbringungen (schriftlich o. mündlich*) aufgrund
    un­stimmigen Wortgefüges bzw. Satzkonstruktion verwordagelt daher.
Die Etymologie ist unklar. Peter Wehle (»Sprechen Sie Wienerisch?«) – dem allerdings nicht immer zu glauben ist, da er dem Leser nicht selten haltlose Spekulationen oder frei er­fun­de­nen Unsinn für bare Münze verkauft (und deswegen auch oft genug wider­legt wurde) – postu­liert folgende Herleitung:
    »von bairisch ‘verwoachtagen’ = “verweichteigen“, ‘verwoachtagert’ = “ver­weich­teigig“: der Teig ist zu weich geraten, und das Gebäck missglückt; oder, durch den 30jährigen Krieg zu uns gebracht, von schwedisch ‘för varje dåg’ = “alltäglich, minderwertig“.«
Recht plausibel erscheint das allerdings nicht.
_______________________
(angeregt durch Kollegen Shhhh).

Phonetisches

Gestern mit paar Arbeitskollegen beisammengesessen, Kollege 1 erzählt, er fahre einen Nissan Qashqai* als Dienstwagen.
Kollege 2 draufhin: “Nissan Gwaschgwei, huacht si au wia waun a Chines untan niaßn in an Kuafladn steigt.“